Nach Empirica kommt der nächste Immobilienblasenseher aus dem schönen Hamburg. Herr Prof. Karl-Werner Hansmann gibt seine Theorie von einer Immobilienblase in Deutschland zum Besten.
Er definiert 6 Kriterien, an denen man eine Immobilienblase erkennen kann:
- Kein Zusammenhang (Kointegration) von Mieten und Immobilienpreisen
- hyper-exponentieller Anstieg der Immobilienpreise
- Preise steigen zuerst in Top-Lagen, dann weiter in Metropolen, Ballungsgebieten, Mittelstädten usw.
- Sehr niedrige Hypothekenzinsen (< 3 %)
- Geringe Tilgungsraten (≤ 2 %)
- Hoher Anteil der Fremdfinanzierung (> 70 %)
Aus dem restlichen Text ergibt sich, dass Herr Prof. Hansmann wohl primär an eine Immobilienpreisblase glaubt – also dass nur die Preise „aufgeblasen“ sind. Das ist schon einmal eine gute Nachricht. Wie realitätsfern wäre es zu glauben, dass es in Deutschland wirklich gerade eine Wohnimmobilienblase – also zu viel Bautätigkeit für zu wenig realen Bedarf geben würde.
Schauen wir uns also kurz einmal seine Argumente an. Zuerst die Witzigen:
Zu 2.: Basierend auf „Angebotspreisen“ von Immobilienscout glaubt er an einen „hyper-exponentiellen Preisanstieg“. Sorry. Ein Blick auf den EPX, basierend auf realen Kaufpreistransaktionen zeigt, dass wir seit Jahren einen gleichmäßigen, linearen Preisanstieg sehen. Unsinn also.
Zu 3. Auch Unsinn. Die Preise sind nicht „zuerst“ in bestimmten Lagen gestiegen. Der Preisanstieg fand mit unterschiedlicher Geschwindigkeit in allen Regionen statt, die Nettozuwanderung haben – egal ob „Top-Lage“, „Metropole“ oder „Mittelstadt“. Um so mehr kaufkräftiger Zuzug, um so stärker sind sie gestiegen – mit Sicherheit kein Kennzeichen für eine „Blase“.
Zu 4. Das die Zinsen niedrig sind, ist unbestritten. Und niedrige Kapitalkosten sollten in einer normalen Ökonomie sämtliche knappen Investitionsobjekte „verteuern“. Sonst wäre Immobilienmarkt und Kreditmarkt entkoppelt. Etwas, was wir bis 2010 in Deutschland erlebt haben und was der Markt gerade endlich und völlig nachvollziehbar korrigiert.
Zu 5. Tilgungssätze unter 2% sind überhaupt nicht nachweisbar. Aktuell wir in Deutschland im Durchschnitt mit 3% Tilgung finanziert. Sehr vernünftig von allen Kreditnehmern und gerade ein sicheres Zeichen, dass wir KEINE Immobilienspekulation und damit auch KEINE Preisblase haben.
Zu 6. Die Idee, dass eine Immobilienpreisblase an der Höhe des Fremdkapitalanteils festzumachen ist, ergibt grundsätzlich Sinn. Spekuliert wird gern mit fremdem Geld. Spekulative Übertreibungen erfolgten häufig durch Ausweitung des Kreditvolumens. Einziges Problem: Der Fremdkapitalanteil von Wohnungsbaufinanzierungen in Deutschland ist seit Jahren stabil. Es fließt gerade nicht mehr „geborgtes Geld“ in den Immobilienmarkt und bläht die Preise künstlich auf. Schaut man sich die Bundesbankzahlen über den Gesamtbestand der Immobilienfinanzierungen in Deutschland an, so ist der Anstieg so leicht, dass man mit einem Blick erkennen kann, dass die Preissteigerung durch Eigenkapital unterlegt ist. Was die Bildung einer Preisblase unwahrscheinlich und den Ausfall von Kreditinstituten unmöglich macht.
Neben all den Fehlannahmen des Herrn Prof. Hansmann und seiner 6 Indikatoren bleibt also nur das „Auseinanderlaufen von Mieten und Kaufpreisen“ als möglicher Indikator für überhöhte Kaufpreise und damit eine Immobilienblase.
Was soll man dazu sagen …
- Da die Renditen für langfristiges Kapital auf einem historischen Niedrigstand sind (siehe „zinslose Bundesanleihen“), wäre es ökonomischer Unsinn, wenn Mietrenditen nicht ebenfalls fallen würden, also Mieten und Kaufpreise „auseinanderlaufen“. Das gleiche passierte in den letzten Jahren bei allen langfristigen, begrenzten Wirtschaftsgüter wie Anleihen, Aktien …
- Die Mieten werden durch unsere liebe Politik als Symptom einer verfehlten Wohnungsbaupolitik künstlich niedrig gehalten. Würde sie – wie typische Marktpreise – frei verhandelt werden können, wäre sie schon heute deutlich höher und würden die echte Nachfragesituation angemessen reflektieren.
- Herr Prof. Hansmann soll sich doch einfach mal in die Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen einreihen und den anderen Teilnehmern erzählen, dass „der hier angebotene Wohnraum überteuert ist“ und sie warten sollen, bis „die Luft aus der Blase“ raus ist. Die spannende Erkenntnis wird sein, dass – bedingt durch ein dramatisch zu geringes Angebot für ein lebenswichtiges Gut – der „Markt“ durch seine Theorie nicht abgebildet wird. Nach einer Dürre steigen die Preise für Lebensmittel in Afrika auch dramatisch – sind auch nur „Preisblasen“, die – sollte jemand wirklich in den Folgejahren die benötigte Menge Reis anbauen – „aufgeblasen“ waren und platzen. Hilft nur nicht, wenn die Menschen nicht „spekulativ“ Reis kaufen, sondern weil sie etwas zu Essen brauchen. Und die spekulativen Käufe von Wohnraum in Deutschland sind eine Mär von Theoretikern, die noch nie in der Schlage bei einer Wohnungsbesichtigung gewartet haben. Es ist unverantwortlich, in Zeiten von Wohnungsnot in deutschen Metropolen eine „Immobilienblase“ herbei fabulieren zu wollen.
Es könnte mir nun egal sein, was ein Professor aus Hamburg über den deutschen Wohnungsmarkt behauptet. Leider finden solche Analysen aber offene Ohren in der Politik, die ihre Nichtaktivität bestätigt sieht oder weiter an den Symptomen herumbastelt. Steigen die Preise weiter dramatisch an, werden die deutschen Metropolen wirklich international weniger wettbewerbsfähig und wir vertun eine historische Chance, das Wachstum in Deutschland auch in der nächsten Dekade zu sichern.
Also, liebe Politik, ergreift wirksame Maßnahmen zur Bewältigung der Wohnungsnot in Deutschland!